Die One-Minute-Wonders werden ihrem Namen gerecht. Während des Wartens auf den Lift oder in der Pause kann sich das Gesundheitspersonal auf niederschwellige Art und Weise weiterbilden. Aufgehängte Poster bei Arbeitsplätzen oder in der Personalküche machen es möglich.
Im typischen Alltag der Gesundheitsberufe kommt es für das Personal immer wieder zu kurzen Pausen. So dauert das Warten auf das Ergebnis des Blutgasanalysegeräts rund eine Minute und genau dieser Zeitraum eignet sich hervorragend für das Prinzip der One-Minute-Wonders (OMW). Diese sind große und übersichtliche Poster, die in wenigen Sätzen ein Thema vermitteln, so dass sie bei einer Arbeitsunterbrechung konsumiert werden können. Sie sind sozusagen eine Mini-Fortbildung während der regulären Arbeit.
Die Idee der One-Minute-Wonders stammt aus Südengland, kam aber durch ihre Praxiserfolge schon bald bei uns an. In diversen österreichischen Gesundheits- und Pflegestätten finden die Fortbildungstafeln heute ihren Einsatz. Seit Jahren hängen auch welche in einer Einrichtung des Instituts Haus der Barmherzigkeit in der Wiener Seeböckgasse. „Ich habe vor Jahren einen Artikel darüber gelesen und das Prinzip erschien mir perfekt“, erinnert sich Mag. Dr. Verena Moser-Siegmeth, die dort als Pflegeentwicklerin angestellt ist und für den gesamten Prozess der OMW verantwortlich ist. Von der Ideenfindung bis zur Umsetzung.
Alles kann ein Thema sein
Am Anfang steht das Finden eines Themas. Dieses muss auf eine solche Weise eingeschränkt werden, so dass es in kurzer Zeit sinnvoll aufgenommen werden kann. Unbedingt in einer Minute muss das aber nicht sein. „Die One-Minute-Wonders heißen zwar so, aber dass man sie in einer Minute lesen und verarbeiten kann, davon muss man sich rasch verabschieden“, meint Mag. Dr. Moser-Siegmeth, die es mit ihrer Erfahrung wissen muss. In der Seeböckgasse hingen bereits rund 70 unterschiedliche OMW.
„Bei uns geht es generell um Geriatrie, Gerontologie, Langzeitpflege und alle relevanten Themen, die damit zusammenhängen“, sagt Mag. Dr. Moser-Siegmeth und führt aus: „Es ist sehr breit gefächert, da geht es von der Sondennahrung über den Dekubitus-Fingertest bis zur Ethik oder wenn ich ganz einfach Artikel finde, die für uns passen.“ Somit kann alles zu einem Thema für die OMW werden, vom Auffrischen des Wissens in Form von Merksätzen bis zur Weitergabe brandneuer Empfehlungen, die unter Mann und Frau gebracht werden sollen.
Übersichtlich gestalten und regelmäßig auswechseln
Bei den One-Minute-Wonders reicht die Kürze des Textes allein nicht aus, auch die einzelnen Sätze sollen kurz, prägnant und ohne schwierige Fachwörter geschrieben sein, damit sie von möglichst vielen Berufsgruppen verstanden werden. „Bei uns gab es immer wieder Kritik, dass zu viel Text war und die Schrift zu klein war, auf das wurde eingegangen“, so Mag. Dr. Moser-Siegmeth. Obendrein ist es von Vorteil, wenn für die OMW ein einheitliches Layout besteht, damit sie sofort als solche erkannt werden. Außerdem eignen sich Bilder und Grafiken zur Unterstützung ausgezeichnet.
Beispielhafte Gestaltung eines OMW für den FAST-Test
In der Einrichtung des Haus der Barmherzigkeit sind die One-Minute-Wonders exemplarisch an Wänden in Aufenthaltsräumen oder über der Kaffeemaschine befestigt. „Bei uns hängen sie auch überall vor den Aufzügen und das sind öffentliche Bereiche, wo sie auch Angehörige sehen“, erzählt Mag. Dr. Moser-Siegmeth. Die Poster sollen nach zwei, drei Wochen ersetzt werden, da das Thema dann meist das gesamte Personal erreicht hat.
Hohe Akzeptanz in der Praxis
Die OMW landen beim Haus der Barmherzigkeit nicht nur auf Papier ausgedruckt in der Einrichtung in der Seeböckgasse, sondern können auch am Dienstcomputer von Mitarbeiter:innen in anderen Häusern abgerufen werden. Egal ob analog oder digital, für Mag. Dr. Moser-Siegmeth sind die OMW ein voller Erfolg: „Bei uns kommen die One-Minute-Wonders extrem gut an. Auch Angehörige lesen sie manchmal und die finden sie auch sehr spannend.“
Der Ressourcenaufwand ist aber trotz des einfachen Konzepts nicht unerheblich. Das Ausarbeiten, Erstellen und Austeilen der One-Minute-Wonders sollte deshalb von einer dafür abgestellten Person wie einer Pflegeentwicklerin übernommen werden, da dies einen nicht zu unterschätzenden Zeitaufwand mit sich bringt. Mag. Dr. Moser-Siegmeth sieht das als notwendig an: „Es braucht eine Person, die das organisiert, weil sonst funktioniert das nicht.“
Trotz dessen wird der Nutzen dem Aufwand gerecht. Zumindest lassen dies wissenschaftliche Untersuchungen als Rückschluss zu, denn in den vergangenen Jahren gab es immer wieder Umfragen in einzelnen Gesundheitseinrichtungen. Alle kamen zu ähnlichen Ergebnissen und bestätigen Mag. Dr. Moser-Siegmeths Beobachtungen. Die meisten Befragten sehen sich gerne die Fortbildungstafeln gerne an und nehmen etwas von ihnen mit.