Die Alterung der Gesellschaft wird durch den demografischen Wandel vorangetrieben. Zusätzlich werden dank medizinischem Fortschritt immer mehr Menschen immer älter. Das bedeutet für das Gesundheitswesen einen deutlichen Mehraufwand in Pflege und Betreuung, was wiederum zu einem Mangel an Fachkräften führt. Aufgrund der demografischen Entwicklung in Österreich, die für das Jahr 2030 rund 800.000 pflegebedürftige Personen prognostiziert, wird es zu einem weiteren Anstieg des Bedarfs an professioneller Pflege kommen. Der steigende Bedarf an Betreuung und Pflege steht den herausfordernden beruflichen Rahmenbedingungen des Pflegesektors gegenüber, die es immer schwieriger machen, qualifiziertes und motiviertes Personal zu finden und zu halten. Beide Faktoren zeigen die prekäre Lage, in der sich das Gesundheitswesen aktuell gerade befindet. Es sind jedoch nicht nur die fehlenden Fachkräfte, die eine Versorgung immer schwieriger machen. Gerade in der Altenpflege zeigt sich seit Jahren ein sehr eindeutiges Bild, dass Pflegekräfte bereits nach wenigen Jahren aussteigen, da die körperlichen und psychischen Anforderungen in diesem Bereich als sehr hoch angegeben werden.
Warum Pflegekräfte aus dem Beruf der Altenpflege aussteigen wollen
Eine Studie von Bratt und Gautun aus dem Jahr 2016 widmete sich der Frage, wie häufig Pflegekräfte in der Altenpflege den Wunsch verspüren, aus dem Beruf auszusteigen und welche Faktoren diesen Gedanken beeinflussen. Hierbei gaben 25% der in Norwegen tätigen Pflegekräfte an, dass sie nicht mehr in der Altenpflege arbeiten möchten, wobei Personen bis 39 Jahre hier vermehrt den Wunsch nach Veränderung angaben, als ältere Personen. Der meistgenannte Hauptgrund war hierbei die ungünstigen Arbeitsbedingungen. Schwere psychische und physische Belastungen, wie zum Beispiel Stress, Zeitdruck, oder Erkrankungen und Blessuren führen in der Altenpflege ebenfalls zu Fluktuation und/oder Fehlen von Arbeitskräften. Um die Motive hierfür zu hinterfragen, muss zuerst geklärt werden, was ein Motiv ist. Es handelt sich hierbei um einen Beweggrund, weswegen ein Menschen handelt und agiert. Motive sind dabei individuelle Präferenzen, die sich auf bisherige Erfahrungswerte stützen und bei der die Diskrepanz zwischen einem Soll-Zustand und einem Ist-Zustand abgewogen werden. Dabei spielen natürlich auch noch Emotionen und der Gemütszustand eine entscheidende Rolle. Ein Motiv kann also eine Anregung für die Motivation sein, in einer bestimmten Situation eine Handlung zu setzen.
Fehlende Zeit für Kommunikation und Beziehungsaufbau als wichtiger Faktor für Unzufriedenheit
Die fehlende Zeit für kommunikative Betreuung von Bewohner:innen in stationären Einrichtungen spielt eine große Rolle, denn jede ausgebildete Pflege- und Betreuungsperson weiß, wie wichtig die kommunikative Dimension in der Altenpflege und -betreuung ist und dass psychosoziale Bedürfnisse hochaltriger Personen nicht durch reine körperbezogene Pflegekonzepte gedeckt werden können. Diese Form der nicht qualifizierten Pflege und Betreuung, die sich nur auf instrumentelle Aspekte reduziert, führt vielfach zu Überlastung und Überforderung des Personals, woraus sich Demotivation ergibt.
Für qualitätsvolle Pflege ist aber der langfristige Aufbau einer Pflegebeziehung notwendig. Diese Beziehungsarbeit erleichtert den Alltag sowohl für Pflegekräfte, als auch für Bewohner:innen. Die Mithilfe und Mitarbeit des Klienten/der Klientin ist essenziell für den Erhalt der Selbstständigkeit und Mobilität. Außerdem ist es wichtig die Biografie des Bewohners/der Bewohnerin zu kennen, um individuell auf Bedürfnisse eingehen zu können.
Employer Branding wird für das Halten von Mitarbeiter:innen immer wichtiger
Für Unternehmen ist die Mitarbeiter:innenbindung unerlässlich. Nur so können sie den Herausforderungen trotzen, die sowohl intern als auch extern sein können. Durch das sogenannte „Employer Branding“ versuchen Unternehmen ein attraktiver Arbeitgeber zu sein, wodurch Mitarbeiter:innen angeregt werden, sich mit dem Unternehmen zu identifizieren und die Bindung aufrecht zu halten. Gelingt dies nicht, hat das vielfältige Folgen:
- Steigende Fluktuation
- Unzufriedene Mitarbeiter:innen
- Stetige Suche und Einstellung von neuen Mitarbeiter:innen ist kostspielig und zeitintensiv
- Sinkende oder stagnierende Bewerber:innenzahlen
- Angespannte Atmosphäre im Unternehmen
- Sinkende Produktivität des bestehenden Personals
- Sinkende oder stagnierende Wirtschaftlichkeit des Unternehmens
- Weitere Verschlechterung des Berufsbildes in der Öffentlichkeit
Zentrale Maßnahmen zur positiven Beeinflussung der Mitarbeiter:innenbindung müssen daher drei Faktoren umfassen:
- Arbeitsinhalte
Selbstverwirklichung, zielgerichteter Einsatz von Fertigkeiten und Können und eine adäquate Rolle, passend zur Ausbildung und zu den beruflichen Qualifikationen sind notwendig, damit Mitarbeiter:innen die Arbeit als passend empfinden und dieser motiviert nachgehen. Nur wenn die Möglichkeit besteht, eigene Individualisierungen der Arbeitsinhalte realisieren zu können, erlangen Mitarbeiter:innen Motivation und dadurch auch Ausdauer, gewünschte Leistungen zu erbringen. Antriebe für diese Motivation sind: Aufstiegsmöglichkeiten, Wertschätzung, professionelle Feedbackkultur, Work-Life-Balance, ansprechende Arbeitsinhalte, etc. - Arbeitsbedingungen
Hierunter fallen materielle Dinge wie eine leistungsgerechte und pünktliche Entlohnung, aber auch Faktoren wie Stress, Arbeitsbelastung, Aufgabenverteilung und Koordination, Leistungsdruck, usw. - Führung
Unter stetiger Optimierung sollte die Führung einer Organisation stehen und der Führungsstil der Philosophie des Unternehmens entsprechen.
Weit mehr als nur Körperpflege – Altenpflege muss in der Gesellschaft wieder als hochprofessionelles Berufsfeld mit besonderen Aufgaben in der Emotions- und Beziehungsarbeit wahrgenommen werden
Dass Pflege zu den meist belastetsten Berufsgruppen zählt, ist wohl bereits bekannt. Damit dieser wichtige Versorgungssektor als attraktives Arbeitsumfeld wahrgenommen wird, müssen gute und interessante Rahmenbedingungen geschaffen werden. Gerade die Altenpflege wird gesellschaftlich stark unterschätzt. Und dass, obwohl sie eine hochprofessionelle Arbeit in einem multiprofessionellen Team mit unterschiedlichen Fachexpertisen erfordert. So braucht es scheinbar neben strukturellen Optimierungen auch ein Umdenken in den Köpfen der Pflegepersonen selbst. Altenpflege ist eine ganz besondere Art der Emotions- und Beziehungsarbeit, die sich nicht auf Körperpflege konzentrieren sollte. Durch die Begegnung mit den Menschen können Pflegekräfte emotional wichtige Schlüsselerlebnisse und sogenannte „Magic Moments“ entstehen lassen. Auf die allumfassende Lebensbegleitung können Altenpfleger:innen stolz sein und dies spiegelt sich dann auch im Auftreten und der Betreuung wider.
Quellen:
Bratt, C., & Gautun, H. (2018). Should I stay or should I go? Nurses’ wishes to leave nursing homes and home nursing. Journal of Nursing Management, 26(8), 1074–1082. https://doi.org/10.1111/jonm.12639
Kanning, U. P. (2017). Personalmarketing, Employer Branding und Mitarbeiterbindung. Springer Berlin Heidelberg. https://doi.org/10.1007/978-3-662-50375-1
Wolf, G. (2016). Mitarbeiterbindung: Strategie und Umsetzung im Unternehmen (2. Auflage). Haufe-Lexware.